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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 15.05.2003
Aktenzeichen: 2 L 239/00
Rechtsgebiete: AuslG


Vorschriften:

AuslG § 53
AuslG § 51 I
AsylVfG § 71
1. Die Asylantragstellung im Bundesgebiet und ein längerer Auslandsaufenthalt führen bei einer Rückkehr nach Togo nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politischer Verfolgung.

2. Die Zugehörigkeit zu Exilorganisationen oder die Teilnahme an Demonstrationen sind nicht generell geeignet, politische Verfolgung in Togo beachtlich wahrscheinlich zu machen. Notwendig ist eine Prüfung im Einzelfall.


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT URTEIL

Aktenz.: 2 L 239/00

Datum: 15.05.2003

Tatbestand:

Der ... Kläger ist togoischer Staatsangehöriger. Erstmals am ...1995 beantragte er in Köln seine Anerkennung als Asylberechtigter und führte zur Begründung seines Asylbegehrens im Wesentlichen aus, er habe sich am 29.10.1995 anlässlich einer Auseinandersetzung mit einem Dritten in der Öffentlichkeit regimekritisch geäußert. Daraufhin sei er abends von diesem Dritten und drei Soldaten aufgesucht worden, habe aber rechtzeitig die Flucht ergreifen können.

Ein aufgrund dieses Asylantrags durchgeführtes Asylverfahren wurde durch Beschluss des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 05.12.1997 - A 2 S 830/97 - rechtskräftig abgeschlossen.

Unter dem 23.03.1998 beantragte der Kläger die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens und führte zur Begründung seines Asylfolgeantrags aus, er sei seit dem 10.01.1998 gewählter Vizepräsident im Vorstand des Vereins ARTSA e. V. (Amical des Ressortissants Togolais en Sachsen-Anhalt), in dem er bereits seit dem 05.04.1997 Mitglied sei bzw. ihn sogar mit gegründet habe. In dieser Eigenschaft habe er am 29.01.1998 beim Treffen mit Togoern in Sachsen-Anhalt seinen Verein repräsentiert und zusammen mit dem Vorsitzenden der JC-JA e. V. die Konferenz und Debatte am 31.01.1998 geleitet. Daneben habe er Flugblätter regimekritischen Inhalts, welche sich gegen die Diktatur von Eyadéma und gegen Menschenrechtsverletzungen in Togo richteten, verteilt. Während einer Pressekonferenz am 30.01.1998 mit dem togoischen Rechtsanwalt und Menschenrechtler Jean Yaovi Degli habe er dessen regimefeindliche Äußerungen unterstützt. Seit August 1997 sei er Vorsitzender der Sektion Halle des Vereins ARTSA e. V. und habe die Teilnahme der Mitglieder an der Demonstration in Magdeburg am 19.12.1997 organisiert und selber daran teilgenommen. In diesem Zusammenhang sei eine Petition über Menschenrechtsverletzungen seitens Eyadémas übergeben worden. Zudem habe er an zahlreichen Veranstaltungen auch anderer Exilorganisationen teilgenommen. Weiterhin sei er Gründungsmitglied der Trommel- und Tanzvereinigung "Togowiwo". Im Rahmen ihrer Auftritte berichteten sie auch über die politische Situation in Togo und einzelne Fluchtschicksale. Ein Auftritt, in dessen Rahmen über die Menschenrechtsverletzungen in Togo berichtet worden sei, sei sogar im MDR ausgestrahlt worden. Schließlich sei er seit den Wahlen vom 08.11.1997 Mitglied im Vorstand der Vereinigung JC-JA e.V. und habe an einer Versammlung der UFC (Untersektion Schleswig-Holstein) in Niebüll am 03.01.1998 teilgenommen. Auch habe er am 08./09.11.1997 in Halle an Gedenk- und Diskussionstagen teilgenommen. Aufgrund seiner herausragenden Funktion in einer Exilorganisation drohe ihm im Falle seiner Rückkehr nach Togo mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung; denn die Aktivitäten der ARTSA würden vom togoischen Sicherheitsdienst als regierungsfeindlich eingestuft. Dies beweise auch eine Veröffentlichung in der Zeitung "Crocodile" vom 16.06.1997. Zudem sei der Verein auch dem togoischen Geheimdienst über Spitzel bekannt, die getarnt als Sympathisanten an Mitgliederversammlungen des Vereins teilgenommen hätten.

Zum Nachweis seiner exilpolitischen Aktivitäten legte der Kläger eine Mitgliedsbescheinigung der ARTSA e. V. sowie zahlreiche Einladungsschreiben und Lichtbilder vor.

Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (Bundesamt) lehnte mit Bescheid vom 18.04.1998 die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens gemäß § 71 Abs. 1 AsylVfG i. V. m. § 51 Abs. 1 - 3 VwVfG ab, weil die bloße Wahl des Antragstellers zum Vizepräsidenten der ARTSA und als Berater des JC-JA e. V. nicht den Schluss zuließen, dass dieses Amt und die daraus sich ergebenden Aktivitäten ein herausgehobenes exilpolitisches Engagement begründeten. Wegen der Einzelheiten wird auf die Begründung des Bundesamtsbescheides verwiesen.

Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 05.05.1998 unter Bezugnahme auf sein bisheriges Vorbringen und die neuere Berichterstattung von ai, UNHCR und dem BMZ Klage vor dem Verwaltungsgericht Magdeburg erhoben und ergänzend ausgeführt, er habe am Hungerstreik der togoischen Flüchtlinge vom 08.03. bis 21.03.1999 in Halle sowie an weiteren zahlreichen Veranstaltungen exilpolitischer Organisationen teilgenommen. Über den Hungerstreik sei auch in der Presse berichtet worden.

Mit Urteil vom 22.05.2000 (Az: A 1 K 382/98) hat das Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf die Begründung des Bundesamtsbescheids vom 16.04.1998 die Klage abgewiesen.

Der Senat hat auf den Antrag des Klägers mit Beschluss vom 20.01.2003 die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts hinsichtlich der Feststellung von Abschiebungshindernissen zugelassen und im Übrigen den Antrag abgelehnt. Der Kläger hat zur Begründung seiner Berufung auf sein bisheriges Vorbringen Bezug genommen.

Der Kläger begehrt sinngemäß,

das angefochtene Urteil zu ändern, soweit die Klage auch wegen der Abschiebungshindernisse abgewiesen worden ist, und die Beklagte - unter Aufhebung ihres Bescheids vom 16. April 1998 insoweit - zu verpflichten, festzustellen, dass einer Rückführung des Klägers nach Togo Abschiebungshindernisse entgegen stehen, und zwar in erster Linie nach § 51 Abs. 1 des Ausländergesetzes und hilfsweise nach § 53 des Ausländergesetzes.

Die Beklagte und der Beteiligte haben sich nach Anhörung nicht geäußert.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll der Sitzung vom 15.05.2003 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte über die Berufung verhandeln und entscheiden, obwohl die Beklagte und der Beteiligte in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten waren; denn auf die Folgen ihres Ausbleibens sind sie in der ihnen rechtzeitig zugestellten Ladung hingewiesen worden (§ 125 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung i. d. F. d. Bek. v. 19.03.1991 (BGBl I 686) - VwGO -, in der Fassung des Gesetzes vom 20.12.2001 (BGBl I 3987), i. V. m. § 102 Abs. 2 VwGO).

Gegenstand der Berufung ist aufgrund ihrer eingeschränkten Zulassung durch Beschluss von 20.01.2003 nur noch das auf die Feststellung des Vorliegens von Abschiebungshindernissen gemäß §§ 51 Abs. 1, 53 des Ausländergesetzes - AuslG - (= Art. 1 des Gesetzes vom 09.07.1990 [BGBl I 1354], geändert durch Gesetz vom 30.06.1993 [BGBl I 1062], zuletzt geändert durch Gesetz vom 09.01.2002 [BGBl I 361 <368>]), gerichtete Verpflichtungsbegehren des Klägers.

Die so statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet; denn der Bescheid des Bundesamts vom 16.04.1998 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, weil in seinem Fall weder die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens (I.) gemäß § 71 Abs. 1 des Asylverfahrensgesetzes - AsylVfG - i. d. F. d. Bek. v. 27.07.1993 (BGBl I 1361), geändert durch Gesetz vom 02.08.1993 (BGBl I 1442), zuletzt geändert durch Gesetz vom 09.01.2002 (BGBl I 361 [371]), noch Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG hinsichtlich Togo (II.) vorliegen.

I. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei dem unter dem 23.03.1998 gestellten Asylantrag des Klägers um einen Folgeantrag im Sinne des § 71 AsylVfG handelt, weil sein früheres Asylbegehren unanfechtbar abgelehnt worden war (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 05.12.1997 - A 2 S 830/97 -, mit dem der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des VG Magdeburg vom 03.09.1997 - 1 A 584/95 abgelehnt worden war).

Gemäß § 71 AsylVfG ist ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes i. d. F. d. Bek. v. 23.01.2003 (BGBl I 102) - VwVfG - vorliegen. Hierfür ist erforderlich, dass der Folgeantrag binnen drei Monaten nach Bekanntwerden des Grundes für das Wiederaufgreifen gestellt wird (§ 51 Abs. 3 VwVfG) und der Antragsteller ohne grobes Verschulden außer Stande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren geltend zu machen (§ 51 Abs. 2 VwVfG). Als Wiederaufgreifensgründe kommen nach § 51 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 VwVfG nur eine nachträgliche Änderung der Sach- oder Rechtslage zu Gunsten des Betroffenen in Betracht oder das Vorliegen neuer Beweismittel oder Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 ZPO. Werden als Wiederaufgreifensgründe nach Abschluss des ersten Verfahrens eingetretene Veränderungen geltend gemacht, sind diese substantiiert und glaubhaft darzulegen (BVerwG, Urt. v. 23.06.1987 - BVerwG 9 C 251.86 -, BVerwGE 77, 323 [325]).

Unter Beachtung dieser Grundsätze liegen die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Asylverfahrens hier nicht vor. Eine nachträgliche Änderung der Sach- oder Rechtslage zu Gunsten des Klägers im Sinne von § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG, die nach dem klägerischen Vorbringen allein in Betracht zu ziehen wäre, ist nicht gegeben.

Die Tatsache, dass der Kläger nach dem rechtskräftig gewordenen Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 03.09.1997 exilpolitisch tätig geworden ist, begründet keinen Anspruch auf die Verpflichtung der Beklagten, für den Kläger das Vorliegen eines Abschiebungsverbots gemäß § 51 Abs. 1 AuslG für Togo festzustellen.

Der Senat hat mit Urteil vom 16. Januar 2003 - A 2 S 412/98 - unter Aufrechterhaltung seiner bisherigen Rechtsprechung festgestellt, dass einem togoischen Staatsangehörigen wegen seiner bloßen Mitgliedschaft in einer togoischen Oppositionspartei oder einer Exilorganisation sowie einer damit verbundenen "nicht exponierten" Parteiarbeit nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine politische Verfolgung bei seiner Rückkehr nach Togo droht. Vielmehr ist stets nach den Umständen des Einzelfalls über die Gefahr der politischen Verfolgung bei einer Rückkehr zu entscheiden. Dabei kann nicht schematisch auf eine "aktive" oder "nicht aktive" Betätigung für derartige Organisationen abgestellt werden. Vielmehr muss angesichts der komplexen Situation eine umfassende Würdigung und Gesamtschau vorgenommen werden. Dabei sind die Asylantragstellung und die Dauer des Auslandsaufenthaltes nur einige der Risikofaktoren; zu bewerten sind ferner der Umfang und die Exponiertheit der exilpolitischen oder oppositionellen Betätigung, die Bedeutung sowie der Bekanntheitsgrad der Exilorganisation, eine eventuelle Medienberichterstattung in der Bundesrepublik Deutschland und der Grad der Wahrscheinlichkeit, dass die Betätigung von dem Regime in Togo wahrgenommen wird. Der Senat führt dazu in seinem Urteil vom 16. Januar 2003 - A 2 S 412/98 - folgendes aus:

"Zunächst ist zwar grundsätzlich davon auszugehen, dass die togoische Regierung die exilpolitische Szene in der Bundesrepublik Deutschland durch ihre Botschaft aufmerksam beobachtet. Die aus der Sicht der togoischen Regierung wegen der Einstellung der Entwicklungshilfe gespannten deutsch-togoischen Beziehungen werden zum Teil auch dem Wirken dieser Organisationen in Deutschland angelastet (UNHCR vom 19.06.1998 an VG Weimar). Das Regime nutzt insoweit auch eigene Informanten; allerdings ist das Regime technisch nicht in der Lage, die exilpolitischen Tätigkeiten der mehr als 11.000 Togoer, die sich in Deutschland aufhalten, wirklich systematisch zu erfassen (AA, Lagebericht vom 15.11.2000). Nach den vorliegenden Erkenntnisquellen kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass die in Deutschland tätigen togoischen exilpolitischen Organisationen von dem Regime nahe stehenden Kreisen infiltriert sind (AA, Auskunft vom 17.02.1998 an das VG Hamburg; UNHCR vom 19.06.1998 an das VG Weimar; ai vom 11.10.1999 an das VG Hamburg). Der UNHCR weist in seiner Stellungnahme vom 28.07.2000 an das VG Oldenburg darauf hin, dass durch den Zuzug einer Reihe besonders profilierter togoischer Oppositioneller in die Bundesrepublik Deutschland seit 1998 das Interesse der togoischen Regierung an den exilpolitischen Aktivitäten in der Bundesrepublik noch gewachsen sein dürfte.

Die bloße Mitgliedschaft in einer togoischen Exilorganisation zieht aber dennoch nach wie vor nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgungsmaßnahmen in Togo nach sich. Dies ist zunächst aus dem Umstand zu schließen, dass nahezu jeder togoische Asylbewerber, wie dem Senat aus den bisherigen anhängigen Verfahren togoischer Staatsangehöriger bekannt ist, einer, häufig sogar mehreren Exilorganisationen angehört. Damit bilden diese Asylbewerber einen hohen Anteil der Rückkehrer nach Togo. Aus den vorstehenden Ausführungen zu 2.2. ergibt sich aber, dass nach dem erfolglosen Abschluss ihres Asylverfahrens zurückkehrende Togoer obwohl sie in aller Regel einer exilpolitischen Organisation angehört haben, bisher keinen Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt waren.

Dass die bloße Mitgliedschaft in einer exilpolitischen Organisation nicht die Gefahr einer politischen Verfolgung begründet, kann ferner aus dem Vergleich mit der Gefährdungslage, der ein Togoer bei einem entsprechenden politischen Engagement in Togo ausgesetzt ist, abgeleitet werden. Allerdings wird die Verfolgungsgefahr für einen zurückkehrenden Togoer schon dadurch herabgesetzt, dass die Exilorganisationen im europäischen Ausland trotz der möglichen Beeinflussung der öffentlichen Meinung in den westlichen Aufnahmeländern zu Ungunsten des Eyadéma-Regimes als Bedrohungsfaktor für den Herrschaftsanspruch des Regimes nur eine untergeordnete Rolle spielen können. Die Verfolgungsgefahr wird noch weiter dadurch gemindert, dass auch den interessierten togoischen Stellen bekannt sein dürfte, dass häufig ohne ernsthafte politische Ambitionen in Exilorganisationen mitgearbeitet wird, allein um die Chancen im Asylverfahren zu verbessern. Hinsichtlich der Reaktion des togoischen Regimes auf eine oppositionelle politische Betätigung in Togo führt das Auswärtige Amt in seinem Lagebericht vom 02.10.2002 unverändert aus, dass Personen unbehelligt blieben, die lediglich Mitglied in einer Oppositionspartei (oder auch Verwandte eines Oppositionsmitglieds) waren. Hinsichtlich der Gefährdung von bloßen Mitgliedern von oppositionellen Parteien in Togo ist ferner zu berücksichtigen, dass in Togo seit Juni 1991 wieder eine große Zahl von Oppositionsparteien zugelassen ist und diese auch politisch tätig sind. Wie oben dargelegt, ist die innenpolitische Lage, verglichen mit der Situation im Anschluss an die manipulierten Präsidentschaftswahlen vom Juni 1998, infolge des politischen Dialogs des Präsidenten und der Regierungspartei RPT mit den Führern der Opposition, darunter Gilchrist Olympio, durch eine gewisse Entspannung gekennzeichnet. Eine generelle, gewissermaßen "automatisch" an die Mitgliedschaft in einer togoischen Oppositionspartei oder an die Verwandtschaft mit einem Mitglied einer Oppositionspartei anknüpfende Verfolgung findet daher in Togo nach wie vor nicht statt (AA, Lagebericht vom 02.10.2002). Anderenfalls hätte angesichts der großen Zahl von Oppositionsparteien und ihrer Mitglieder eine Massenverfolgung in Togo einsetzen müssen, für die es in den dem Senat vorliegenden Erkenntnisquellen keine Anhaltspunkte gibt.

Führt allein die Mitgliedschaft in einer Oppositionspartei in Togo nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu Verfolgungsmaßnahmen, so kann für die bloße Mitgliedschaft in einer oppositionellen Exilorganisation, deren politische Ziele mit denen der in Togo zugelassenen Parteien identisch sind oder die gar vorwiegend den kulturellen, gesellschaftlichen oder sonstigen Interessen ihrer Mitglieder dienen, nichts anderes gelten; denn, wie oben dargelegt, stellen die exilpolitischen Organisationen für das herrschende Regime eine geringere Gefahr dar als die in Togo tätige politische Opposition. Begründet danach die Zugehörigkeit zu einer exilpolitischen Organisation als solche nicht die Gefahr einer politischen Verfolgung, so gilt dies auch für Tätigkeiten, die mit dieser Mitgliedschaft gewissermaßen im Rahmen der "gewöhnlichen Parteiarbeit" ohne weiteres verbunden sind, wie z. B. die bloße Teilnahme an Versammlungen und Parteiveranstaltungen sowie die Weitergabe von Informationen innerhalb der Organisation (ebenso BayVGH, Urt. v. 25.06.1996 - 25 BA 96.31447 - und OVG NW, Urt. v. 26.08.1996 - 23 A 286/85A. -).

Nach den vorstehend dargelegten Grundsätzen begründet auch das Innehaben einer nominell herausgehobenen Stellung in einer exilpolitischen Organisation in der Bundesrepublik Deutschland nicht die beachtliche Wahrscheinlichkeit von Verfolgungsmaßnahmen im Falle der Rückkehr nach Togo; denn zunächst ist auf die inhaltlich unveränderte Darstellung des Auswärtigen Amtes (Lagebericht vom 02.10.2002) zu verweisen, wonach es für die Verfolgungsmaßnahmen in Togo nicht auf den Rang innerhalb einer Organisation, sondern in erster Linie auf den Grad der politischen Aktivität ankommt. Dies muss aus den oben ausgeführten Gründen - erst recht - für nominell hochrangige Funktionen in exilpolitischen Organisationen gelten. Ferner ist zu berücksichtigen, dass - wie sich aus den vorliegenden Erkenntnismitteln entnehmen lässt (Bundesverwaltungsamt vom 26.10.1999 an das OVG SH) -, bei den togoischen Exilorganisationen die Zahl der Funktionärsstellen in Relation zur Mitgliederzahl hoch ist und diese Stellen einer häufigen Rotation unterworfen sind. Wenn aber der ganz überwiegende Teil der togoischen Asylbewerber, die nach dem Abschluss des Asylverfahrens aus der Bundesrepublik Deutschland abgeschoben werden, nicht nur einer exilpolitischen Organisation angehört, sondern - vorübergehend - eine zumindest der Bezeichnung nach bedeutsame Funktion wahrgenommen haben, es aber an Referenzfällen für eine politische Verfolgung von zurückkehrenden Asylbewerbern fehlt, so ist daraus zu schließen, dass allein das Innehaben einer Funktionsstellung innerhalb der Organisation von den togoischen Behörden nicht zum Anlass für Verfolgungsmaßnahmen genommen wird.

Der Vergleich mit den Folgen eines politischen Engagements in Togo, wie sie sich den in das Verfahren eingeführten Erkenntnismitteln entnehmen lassen, zeigt auch auf, unter welchen Voraussetzungen eine exilpolitische Betätigung die beachtliche Wahrscheinlichkeit einer politischen Verfolgung für den Fall der Rückkehr nach Togo zu begründen vermag. Wegen einer politischen Tätigkeit in Togo sind in erster Linie solche Personen gefährdet, deren politisches Engagement vom Staatspräsidenten und den ihn stützenden Kreisen als konkrete Gefährdung des Herrschaftsanspruchs des Regimes eingeschätzt wird. Dies gilt nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 02.10.2002 für politisch aktive Mitglieder der Opposition und aus politischen Gründen desertierte Angehörige der Sicherheitskräfte. Bei den verfolgten aktiven Mitgliedern der Opposition kommt es, wie bereits dargelegt, nicht auf den Rang in der Organisation, sondern in erster Linie auf den Grad der politischen Aktivität an. Für den Bereich der exilpolitischen Betätigung ist hieraus zu schließen, dass togoische Staatsangehörige grundsätzlich nur in besonderen Konstellationen, bei denen die politischen Aktivitäten über die Mitgliedschaft in einer exilpolitischen Organisation hinausgehen, d. h. sie wegen des Grads ihrer politischen Aktivität besonders hervorgetreten sind und sie aufgrund dieser politischen Tätigkeit aus Sicht des Regimes eine ernstzunehmende Bedrohung für den Machtanspruch des Regimes darstellen, die Gefahr einer politischen Verfolgung im Falle der Rückkehr nach Togo angenommen werden kann.

Dass für aus dem Ausland zurückkehrende Togoer grundsätzlich nur dann die beachtliche Wahrscheinlichkeit einer politischen Verfolgung wegen ihrer exilpolitischen Tätigkeit besteht, wenn sie aufgrund besonderer Umstände eine konkrete Gefahr für die Herrschaft des Präsidenten und der ihn stützenden Kreise darstellen, ergibt sich auch aus der politischen und wirtschaftlichen Lage, in der sich der Präsident und sein Regime seit Jahren befinden. Alles beherrschender Grundsatz der Politik des Regimes ist die Aufrechterhaltung der eigenen Herrschaft über Togo. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass der Machtanspruch unter allen Umständen durchgesetzt wird, selbst wenn hierdurch die Beziehungen zu den USA und zu den Staaten der Europäischen Union mit der Folge belastet werden, dass finanzielle Hilfen der potentiellen Geberländer weiterhin ausgeschlossen bleiben. Dies zeigt sich z. B. am Ausgang der Präsidentschaftswahlen vom Juni 1998; denn als sich bei der Auszählung der Stimmen ein Sieg des Kandidaten der Opposition (Olympio Gilchrist) abzeichnete, wurde die laufende Auszählung der Stimmen trotz der Anwesenheit von europäischen Wahlbeobachtern, die massiven Drohungen und Einschüchterungsversuchen ausgesetzt waren, abgebrochen. Die Vorsitzende der Wahlkommission, Frau Awa Nana, wurde zum Rücktritt gezwungen, so dass schließlich Eyadéma vom Innenminister zum Sieger der Wahlen erklärt werden konnte (UNHCR vom 10.12.1998 an das VG Oldenburg). Das vom Regime dominierte Verfassungsgericht bestätigte die Gültigkeit der Wahl, die von den Staaten der Europäischen Union einhellig als manipuliert bewertet wird (AA, Lagebericht vom 15.11.2000). Die offenkundige Verfälschung der Präsidentschaftswahlen und die gravierenden Menschenrechtsverletzungen durch togoische Sicherheitskräfte anlässlich der Niederwerfung des politischen Protestes gegen die Wahlmanipulationen im Sommer 1998 waren entsprechend der Ankündigung, die Wahlen als Test für die Beachtung der demokratischen Grundsätze anzusehen, Anlass für die Staaten der Europäischen Union - mit Ausnahme Frankreichs -, die seit Februar 1993 suspendierte Entwicklungshilfe nicht wieder aufzunehmen (IfA vom 16.12.1998 an das OVG RP und UNHCR vom 10.12.1998 an das VG Oldenburg).

Die Aufrechterhaltung des Herrschaftsanspruchs des Regimes ist aber durch die wirtschaftliche Situation des Landes gefährdet. Die wirtschaftliche Lage Togos hat sich in den letzten Jahren kontinuierlich verschlechtert. Das Pro-Kopf-Einkommen hat sich von 430 US-$ (1990) auf 320 US-$ (1999) verringert. Nach Schätzungen der Weltbank lebten 1999 43 % der Togoer unterhalb der Armutsgrenze; 1990 betrug dieser Anteil nur 32 % (AA, Lagebericht vom 15.11.2000). Die desolate wirtschaftliche Lage kann den Herrschaftsanspruch des Regimes insbesondere dann gefährden, wenn sich das Regime nicht mehr auf die Sicherheitskräfte - Verwaltung, Polizei und Armee - verlassen kann. Dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 15.11.2000 ist zu entnehmen, dass das Regime nicht mehr in der Lage ist, die Gehälter an Angestellte im öffentlichen Dienst, an einfache Beamte und an Pensionäre pünktlich auszuzahlen; die Gehaltszahlungen erfolgen vielmehr mit monatelangen Rückständen. Das Militär ist hiervon - noch - nicht betroffen. Zur Verbesserung der desolaten wirtschaftlichen Lage ist das Land dringend auf wirtschaftliche Hilfe, insbesondere auf die Wiederaufnahme der seit Februar 1993 suspendierten Entwicklungshilfe, durch die hierzu allein fähigen westlichen Staaten angewiesen. Um aber die Chancen auf die Wiederaufnahme der Entwicklungshilfe nicht zu gefährden, muss das Regime seinerseits auf die politischen Interessen der potentiellen westlichen Geberländer besondere Rücksicht nehmen. Das Regime muss der Forderung der USA und der Staaten der Europäischen Union nach Einhaltung der demokratischen Grundprinzipien und der Achtung der Menschenrechte entsprechen, soweit dies sein Machtanspruch zulässt. Da die westlichen Länder ihrerseits auch ein erhebliches Interesse an der Rückführung von solchen togoischen Staatsangehörigen haben, die ein Asylverfahren erfolglos durchlaufen haben, muss das Regime im Interesse der Verbesserung der politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zu den westlichen Geberländern von der politischen Verfolgung von eigenen Staatsangehörigen absehen, die nach der Durchführung eines Asylverfahrens nach Togo zurückkehren. Diese Rücksichtnahme auf die Interessen derjenigen Staaten, auf deren Hilfestellung das Regime letztendlich auch zur Aufrechterhaltung seiner Herrschaft angewiesen ist, wird nur dann zurückgestellt, wenn der Betreffende aufgrund einer besonderen Konstellation eine konkrete Gefährdung des eigenen Herrschaftsanspruchs darstellt. Dies ist z. B. bei einem aus politischen Gründen desertierten Soldaten gegeben, weil dieser dem Bereich des wichtigsten Herrschafts- und Unterdrückungsinstruments des Regimes zuzurechnen ist. Die Rücksichtnahme auf die politischen Interessen der potentiellen westlichen Geberländer zeigt sich z. B. am Verfahren der Personenkontrolle am Flughafen. Das Auswärtige Amt weist in den Lageberichten seit Jahren unverändert darauf hin (vgl. zuletzt Lagebericht vom 02.10.2002), die togoischen Behörden seien um eine korrekte Behandlung der Rückkehrer bemüht, um weder den deutschen Behörden noch den togoischen Exilorganisationen Anlass zur Kritik zu geben. Auch der oben dargestellte politische Dialog des Regimes mit der gemäßigten Opposition (zuletzt im Mai 2002 in Paris), der zwar bis zum heutigen Tage keine wesentlichen Fortschritte im Demokratisierungsprozess Togos brachte, ist eine Reaktion des Regimes auf die ständigen Forderungen der Staaten der Europäischen Union nach einer tatsächlichen demokratischen Entwicklung in Togo, die insbesondere nach den Repressionsmaßnahmen gegen die Opposition im Anschluss an die zu Gunsten Eyadémas manipulierten Präsidentschaftswahlen vom Juni 1998 erhoben worden waren. Im Oktober 1998 richteten der Ministerrat und die Kommission der Europäischen Union gemeinsam einen schriftlichen Appell an den togoischen Außenminister, in dem die togoische Regierung zur Wiederherstellung rechtsstaatlicher und ziviler Verhältnisse in Togo und zur Darlegung derjenigen Maßnahmen aufgefordert wurde, die sie zur Erreichung dieser Ziele zu ergreifen gedenke. Am 20.11.1998 kam es zu einem ersten Gespräch des Präsidenten Eyadéma mit führenden Vertretern der parlamentarischen und außerparlamentarischen Opposition, in dem Eyadéma auch seine Bereitschaft zu einem Gespräch mit dem prominentesten Oppositionspolitiker, Olympio Gilchrist, erklärte (UNHCR vom 10.12.1998 an das VG Oldenburg). Da sich die Opposition nicht mit ihrer Forderung durchsetzen konnte, die Parlamentswahlen erst nach der Beendigung des politischen Dialogs zwischen dem Präsidenten und der Opposition abzuhalten, boykottierte die Opposition die Parlamentswahlen vom März 1999 (AA, Lagebericht vom 15.11.2000) und vom Oktober 2002 (Frankfurter Rundschau vom 31.10.2002)."

Im Falle des Klägers liegt eine besondere Konstellation, die nach den vorstehenden Ausführungen die beachtliche Wahrscheinlichkeit einer politischen Verfolgung begründet, nicht vor.

Die Vereinigungen ARTSA e.V. (Amical des Ressortissants Togolais en Sachsen-Anhalt - Vereinigung togoischer Staatsangehöriger in Sachsen-Anhalt) und JC-JA e. V. (Jeunes Chrétiens - Jeunes Africains - Verein Christliche Jugend - Afrikanische Jugend) sind schon keine Exilorganisationen einer der Oppositionsparteien Togos, sondern ein Zusammenschluss togoischer Flüchtlinge in der Bundesrepublik Deutschland bzw. Sachsen-Anhalt. Die Mitgliedschaft in diesen Vereinen kann von den togoischen Behörden nicht wirklich als Gefährdung ihrer Macht im Lande angesehen werden, da beide Vereinigungen aufgrund ihrer geringen, zum Teil sich überschneidenden Mitgliederzahl lediglich kleine Gruppierungen darstellen, deren Wirkungskreis und Bedeutung naturgemäß nur begrenzt sein kann. Der Verein ARTSA ist zudem eine Vereinigung von togoischen Bürgern mit Sitz in Deutschland im Land Sachsen-Anhalt, deren Ziel es gemäß Art. 5 des Statuts der ARTSA (1997) ist, die materiellen und moralischen Interessen seiner Mitglieder bei den deutschen Behörden in Sachsen-Anhalt zu vertreten, und bei seinen Mitgliedern und bei der gesamten togoischen Gemeinschaft in Sachsen-Anhalt das Gefühl der Solidarität und der bewussten Wahrnehmung ihrer Interessen zu entwickeln. Damit ist der Verein aber mit einer typischen togoischen Oppositionspartei, die sich vorwiegend mit der schwierigen politischen Gesamtsituation in Togo auseinander setzt, nicht zu vergleichen. Die Gruppe "Togowiwo" hat sich ausweislich ihrer organisatorischen Regelungen demgegenüber zwar zum Ziel gesetzt, durch Lieder und Schlagwörter gegen die Diktatur und das jetzige Regime zu kämpfen (§ 3d). Allerdings kann die in Sachsen-Anhalt tätige Organisation schon aufgrund ihrer Mitgliederzahl (nach den Angaben des Klägers 25) nicht als ernsthafte Bedrohung des Herrschaftsanspruchs des Präsidenten angesehen werden. Der Kläger ist zwar darüber hinaus Gründungsmitglied und seit dem 10.01.1998 gewählter Vizepräsident der ARTSA e.V.; dies ändert aber an der grundsätzlichen Einschätzung des Senats nichts, dass lediglich landesweit tätige Organisationen keine konkrete Gefährdung des Herrschaftsanspruchs des togoischen Regimes darstellen und mithin eine Mitgliedschaft in diesen Organisationen als Anlass für Verfolgungsmaßnahmen togoischer Behörden nicht beachtlich wahrscheinlich ist.

Hinzu kommt, dass togoische Asylbewerber in einer, häufig sogar mehreren Exilorganisation(en) einen hohen Anteil der Rückkehrer nach Togo bilden. Bisher liegen aber keine Nachweise vor, dass nach erfolglosem Abschluss ihres Asylverfahrens zurückkehrende togoische Staatsangehörige, obwohl sie einer exilpolitischen Organisation angehört hatten, staatlichen Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt waren (AA, Lagebericht vom 02.10.2002).

Weiter ist zu berücksichtigen, dass sich sogar die Oppositionsparteien in Togo als solche aktiv betätigen können, wie der Wahlkampf zu den Parlamentswahlen im Herbst 2002 gezeigt hat. Es ist davon auszugehen, dass diese Parteien viele tausend Mitglieder haben, die sich in Togo selbst kritisch mit dem herrschenden Regime auseinander setzen, ohne deswegen systematisch verfolgt oder menschenrechtswidrig behandelt zu werden. Zwar wird von gelegentlichen Übergriffen gegen führende Funktionäre von Oppositionsparteien berichtet (AA, Lagebericht vom 02.10.2002); eine solche Funktion bekleidet der Kläger aber in den o. g. Vereinigungen nicht.

Vor diesem Hintergrund ist auch das Innehaben einer nominell herausgehobenen Stellung in einem Auslands-Verein - wie hier u. U. die Funktion des Klägers als Vizepräsident der ARTSA e.V. und als zweiter Berater des JC-JA e. V. - dahingehend zu beurteilen, dass eine solche Funktion nicht die beachtliche Wahrscheinlichkeit von Verfolgungsmaßnahmen im Falle der Rückkehr nach Togo begründet; denn für die in Togo zu befürchtenden Repressionen kommt es nicht auf den Rang innerhalb einer Organisation, sondern in erster Linie auf den Grad der politischen Aktivität an (AA, Lagebericht vom 02.10.2002). Dies gilt aus den oben genanten Gründen erst recht für nominell hochrangige Funktionen in exilpolitischen Organisationen. Die politischen Aktivitäten des Klägers zeichnen sich aber weder inhaltlich noch von ihrem Umfang her durch spektakuläre Aktionen aus, die über die Landesgrenzen hinaus bekannt geworden sind. Die regelmäßige Anwesenheit des Klägers bei den Versammlungen der ARTSA e.V. und der Exil-Organisation JC-JA e. V. sowie seine Teilnahme an Veranstaltungen (29.- 31.01.1998 Informationstage in Magdeburg über die aktuelle Situation in Togo, am 09.11.1997 Gedenkveranstaltung in Halle) und Demonstrationen auch anderer Organisationen, so z. B. am 19.12.1997 in Magdeburg und am 02.07.1998 in Bonn, begründen nicht die beachtliche Wahrscheinlichkeit einer politischen Verfolgung im Falle der Rückkehr nach Togo; denn unter Berücksichtigung der Angaben des Klägers ist davon auszugehen, dass seine Aktivität bei diesen Veranstaltungen über die Anwesenheit als Teilnehmer nicht hinausgegangen ist. Er hat sich mithin auf den Veranstaltungen und Demonstrationen in keiner Weise von den übrigen Teilnehmern unterschieden oder sonst in irgendeiner Weise profiliert. Eine erhöhter Gefährdungsgrad ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass der Kläger zusammen mit dem Vorsitzenden des JC-JA e. V. die Konferenz und Debatte am 31.01.1998 in Halle geleitet hat und z. B. die Gedenkveranstaltung vom 09.11.1997 organisiert und Flugblätter verteilt hat; denn diese organisatorischen Aufgaben können nicht als öffentlichkeitswirksame und über die Landesgrenzen hinaus bekannt gewordene Kritik am togoischen Regime gewertet werden, zumal der Kläger keinen eigenen Redebeitrag geleistet hat.

Soweit der Kläger auf eine Petition vom 19.12.1997 verweist, war diese an den damaligen Innenminister von Sachsen-Anhalt gerichtet und enthielt keinen Hinweis auf den Kläger, so dass nicht davon auszugehen ist, dass diese Petition überhaupt den togoischen Behörden bekannt geworden ist. Dies gilt auch für die Briefe an den Präsidenten der Menschenrechtsorganisation LTDH, Herrn Jean Yaovi Degli, vom 11.04.1997 und an Heinke Wunderlich, ai, vom 07.11.1997, die lediglich an diese Personen gerichtet waren und denen aus diesem Grund keine öffentlichkeitswirksame Bedeutung zukommt. Soweit der Kläger eine Verfolgungsgefahr aus dem Übersenden eines Bürgerbegehrens mit Unterschriftenliste an den Präsidenten Eyadéma im August 1997 herleitet, vermag der Senat diese nicht zu erkennen, weil schon nicht ersichtlich ist, ob den Präsidenten dieses Bürgerbegehren jemals erreicht hat, und im Übrigen ein derartiges Begehren einer kleinen Gruppe von 35 Exiltogoern keine ernsthafte Gefährdung des togoischen Regimes darstellt. Gleiches gilt auch für das von dem Kläger mitverfasste Einladungsschreiben vom 26.09.1997, das ausschließlich an interessierte Bürger in Sachsen-Anhalt gerichtet war.

Die - gemessen an den bisher genannten - einzige spektakuläre Aktion des Klägers, seine Teilnahme am Hungerstreik vom 08.03. bis 21.03.1999 in Halle, begründet weder allein noch im Zusammenhang mit den anderen Aktivitäten eine beachtliche Wahrscheinlichkeit für Verfolgungen bei Rückkehr. Der Hungerstreik dürfte von der togoischen Regierung schon deswegen nicht als Angriff auf den Herrschaftsanspruch des Präsidenten Eyadéma und seinen unmittelbaren persönlichen Bereich angesehen werden, weil der Streik sich in erster Linie gegen die Asylpolitik in der Bundesrepublik Deutschland und speziell gegen die Asylpraxis gegenüber togoischen Asylbewerbern in Sachsen-Anhalt richtete. Dies ergibt sich unzweifelhaft aus dem Schreiben vom 08.03.1999, mit dem der Beginn des Hungerstreiks angekündigt wird, und dem darin enthaltenen Forderungskatalog der Streikenden sowie aus der Pressemitteilung vom 21.03.1999, in der es heißt: (Mit der Unterbrechung des Hungerstreiks) "wollen wir, dass beide Seiten die Möglichkeiten, die erst mit diesem Streik entstanden sind nutzen, um etwas an der schockierenden Asylpraxis der Togolesen in diesem Gebiet Deutschlands zu ändern". Eine ernsthafte Bedrohung des Machtanspruchs Eyadémas kann in diesem Hungerstreik mithin nicht gesehen werden, zumal die im Zusammenhang mit dem Streik geäußerte Kritik am Regime in Togo hauptsächlich in der Tagespresse Sachsen-Anhalts erwähnt wurde. Führen mithin die exilpolitischen Aktivitäten des Klägers nicht zu der Annahme, dass er im Falle seiner Rückkehr nach Togo mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politischen Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt sein wird, liegen die Voraussetzungen für die Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 51 Abs. 1 AuslG nicht vor.

II. Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG liegen ebenfalls nicht vor.

Nach § 53 Abs. 1 AuslG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem für ihn die konkrete Gefahr besteht, der Folter unterworfen zu werden. Dieses Abschiebungshindernis setzt eine individuell-konkrete Gefahr voraus, eine generelle Gefahr genügt nicht. Dem Ausländer, um dessen Rückführung es geht, muss zunächst der Zugriff des anderen Staates und im Falle des Zugriffs die in dieser Vorschrift bezeichnete inkriminierte Behandlung drohen (vgl. die Begründung zu § 53 Abs. 1 des Gesetzentwurfes, BT-Drs. 11/6321 S. 75). Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt. Soweit sich der Kläger auch in diesem Zusammenhang allein auf seine exilpolitischen Aktivitäten beruft, ergibt sich hieraus für ihn - wie oben bereits ausgeführt - eine derartige konkrete Gefahr, der Folter unterworfen zu werden, nicht, weil seine Aktivitäten nicht den Grad der Exponiertheit aufweisen, um vom togoischen Regime ernsthaft als Bedrohung ihres Machtanspruchs empfunden zu werden. Sonstige Umstände, welche die konkrete Gefahr der Folter begründen könnten, sind im Übrigen nicht ersichtlich.

Abschiebungshindernisse nach § 53 Abs. 2 und 3 AuslG scheiden schon nach dem Vorbringen des Klägers offensichtlich aus. Weder hat er behauptet, dass er in Togo wegen einer Straftat gesucht wird und insoweit die Gefahr der Todesstrafe besteht (§ 53 Abs. 2 S. 1 AuslG), noch ist gegen ihn ein Auslieferungsverfahren anhängig (§ 53 Abs. 3 AuslG). Auch die Gefahr einer menschenrechtswidrigen Behandlung des Klägers im Sinne von § 53 Abs. 4 AuslG wegen seiner exilpolitischen Aktivitäten besteht aus den oben unter Pkt. I. genannten Gründen nicht.

Schließlich sind auch die Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG nicht gegeben, wonach von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden kann, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG fragt nicht danach, von wem die Gefahr ausgeht oder wodurch sie hervorgerufen wird; die Regelung stellt vielmehr lediglich auf das Bestehen einer konkreten Gefahr ohne Rücksicht darauf ab, ob sie vom Staat ausgeht oder ihm zumindest zuzurechnen ist (BVerwG, Urt. v. 17.10.1995 - BVerwG 9 C 9.95 -, BVerwGE 99, 324, 330). Eine Aussetzung der Abschiebung nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG kommt jedoch nicht in Betracht, wenn die geltend gemachten Gefahren nicht landesweit drohen und der Ausländer sich ihnen durch Ausweichen in sichere Gebiete seines Herkunftslandes entziehen kann (BVerwG, Urteil vom 17.10.1995 - BVerwG 9 C 9.95 -, BVerwGE 99, 324, 330). Für die Annahme einer "konkreten" Gefahr im Sinne des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG genügt ebenso wenig wie im Asylrecht die bloße theoretische Möglichkeit, Opfer von Eingriffen in Leib, Leben oder Freiheit zu werden. Vielmehr ist der Begriff der "Gefahr" im Sinne dieser Vorschrift im Ansatz kein anderer als der im asylrechtlichen Prognosemaßstab der "beachtlichen Wahrscheinlichkeit" angelegte, wobei allerdings das Element der "Konkretheit" der Gefahr für "diesen" Ausländer das zusätzliche Erfordernis einer einzelfallbezogenen, individuell bestimmten und erheblichen Gefährdungssituation statuiert. Die besondere Schwere eines drohenden Eingriffs in geschützte Rechtsgüter ist auch bei § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG im Rahmen der gebotenen "qualifizierenden" Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung, Abwägung und zusammenfassenden Bewertung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhaltes vermittels des Kriteriums, ob die Wahrscheinlichkeit der Rechtsgutverletzung "beachtlich" ist, zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, Urt. v. 05.07.1994, InfAuslR 1995, 24, 26 im Anschluss an BVerwG, Urt. v. 05.11.1991, BVerwGE 89, 162; BVerwG, Urt. v. 17.10.1995 - BVerwG 9 C 9.95 -, BVerwGE 99, 324, 330). Gemessen daran liegen die Voraussetzungen für ein Absehen von der Durchführung der Abschiebung nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG nicht vor. Eine dem Kläger drohende individuell-konkrete Gefahr im Sinne von § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG ist nicht glaubhaft gemacht; insbesondere drohen dem Kläger bei einer Abschiebung nach Togo nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit aufgrund seiner exilpolitischen Aktivitäten Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen zu § 51 Abs. 1 AuslG Bezug genommen. Auch für das Vorliegen einer allgemeinen "extremen Gefahrenlage", bei welcher der Ausländer im Falle seiner Abschiebung grundsätzlich sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert (BVerwG, Urt. v. 17.10.1995 - BVerwG 9 C 9.95 -, BVerwGE 99, 324, 328; Urt. v. 29.03.1996, NVwZ-Beilage 1996, 57, 58 und v. 19.11.1996, NVwZ 1997, 685, 687f.) oder der extremen Gefahr ausgesetzt würde, mangels ausreichender Existenzmöglichkeiten an Hunger oder Krankheit zu sterben (BVerwG, Urt. v. 02.09.1997 - BVerwG 9 C 40.96 -, [juris]) und die daher in verfassungskonformer Auslegung des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG - ausnahmsweise - ein zwingendes Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 Satz1 AuslG begründet (vgl. BVerwG, Urteile v. 17.10.1995, 29.03.1996, 19.11.1996 und 02.09.1997, a .a. O.), fehlt jeder Anhaltspunkt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83 b AsylVfG; die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit und über die Abwendungsbefugnis ergeben sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11; 711 ZPO.

Der Senat lässt die Revision nicht zu, weil aus Anlass dieses Falls keine weitere Klärung grundsätzlicher Fragen des Bundesrechts oder des Verwaltungsverfahrensrechts zu erwarten ist (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), der Senat von keiner Entscheidung im Instanzenzug abweicht (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und Verfahrensfehler nicht ersichtlich sind (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

Ende der Entscheidung

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